Zeugenschaft von Partnerschaftsgewalt – wie sich Gewalterfahrungen auf die Sozialisation auswirken
Ein Fokus auf resiliente Entwicklungswege für Kinder und Jugendliche
Die aktuellen Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Berichtsjahr 2022 sprechen eine deutliche Sprache, auch wenn hierbei lediglich das Hellfeld der Taten in den Blick gerät. Im Jahr 2022 dokumentierte die Polizei insgesamt 152.312 Opfer von Partnerschaftsgewalt. Im Hellfeld ist damit ein Anstieg der Opfer von 9,6 % innerhalb eines Jahres zu verzeichnen. 80,6 % der Opfer von Partnerschaftsgewalt waren im Jahr 2022 weiblich (122.797 Opfer). Für die von Partnerschaftsgewalt betroffenen Frauen und ihre Kinder bedeutet dies nicht nur massive Einschränkungen in ihrem Leben, sondern mitunter auch schwerwiegende, vielfältige psychische und physische Schädigungen.
Die Zeugenschaft von Partnerschaftsgewalt, der in diesen Familien aufwachsenden Kinder und Jugendlichen, und die in diesem Kontext mitunter zusätzlich erfahrbaren unmittelbaren Gewalterfahrungen, wie sie sich in unterschiedlichen Ausprägungen von Kindesmisshandlung oder Kindesvernachlässigung zeigen können, bergen für Kinder und Jugendliche spezifische Entwicklungsrisiken, die auf die weiteren Sozialisationsverläufe dahingehend Einfluss nehmen können, dass Identitätsentwicklungs- und Persönlichkeitsbildungsprozesse negativ und nachhaltig beeinflusst werden. Die Beobachtung von Partnerschaftsgewalt durch Kinder und Jugendliche stellt somit eine Kindeswohlgefährdung dar, die als solche noch immer unterschätzt wird und die es einzudämmen bzw. präventiv abzustellen sowie durch angemessene Interventionsmaßnahmen zu verhindern gilt.
Sollen die von der Gewalt Betroffenen in der Verarbeitung ihrer Gewalterfahrungen unterstützt und die intergenerationelle Weitergabe von Gewalt verhindert werden, so bedürfen Kinder und Jugendliche professioneller Hilfe bei der Verarbeitung ihrer Gewalterfahrungen, wobei die Rechte und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen zu achten sind. Deshalb bedarf es Kenntnisse hinsichtlich der Gewaltdynamiken von Partnerschaftsgewalt, Wissen um Unterstützungsangebote für die Betroffenen sowie interprofessioneller und interinstitutioneller Kooperationsbeziehungen zwischen unterschiedlichen Akteuren in der Antigewaltarbeit (z. B. Frauenhäuser, Kitas, Schulen, Jugendhilfe).
Im Rahmen der Veranstaltung werden folgende Themen mittels unterschiedlicher Medien (Vorträge, Videos) behandelt und gemeinsam diskutiert:
- Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen von Partnerschaftsgewalt
- Kinder und Jugendliche im Kontext von Partnerschaftsgewalt anhand der Studie „Frauenhauskinder und ihr Weg ins Leben“ (Henschel, Angelika, Budrich Verlag 2019)
- Kooperation und Vernetzung bei Partnerschaftsgewalt
- Kindeswohlgefährdung und Herausforderungen im Kinderschutz bei Partnerschaftsgewalt
Angelika Henschel lehrt und forscht zu den Schwerpunkten Genderforschung in der Sozialpädagogik, Jugendhilfe und Inklusion am Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik der Leuphana Universität in Lüneburg. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören u. a. die Themen Gewalt in Geschlechter- und Generationenverhältnissen, Professionalisierung in der Frauenhausarbeit, Kinder und Jugendliche im Kontext von Partnerschaftsgewalt, Kooperationen zwischen Jugendhilfe und Schule. Sie war 1977 Mitbegründerin des Vereins frauen helfen frauen e.V., der am 01.07.1978 das autonome Frauenhaus in Lübeck eröffnete und in dem sie 13 Jahre als Mitarbeiterin tätig war. Darüber hinaus engagierte sie sich auch in Vorstandsfunktion über 30 Jahre im Verein, unterstützte bei der Gründung des Lübecker Notrufs für vergewaltigte Mädchen und Frauen Lübeck und entwickelte und begleitete wissenschaftlich das Projekt “Mixed Pickles – Projekt für Mädchen und Frauen mit und ohne Behinderungen” mixed pickles e. V., Lübeck. 2002 erhielt sie für ihre zahlreichen Aktivitäten das Bundesverdienstkreuz.
Seminar
Kindeswohl und Kinderschutz im Kontext von Partnerschaftsgewalt
Anmeldung
Anmeldeunterlagen zum Seminar
IhrE Ansprechpartnerin
Susanne Peuker
E-Mail: Info-Weiterbildung@fernuni-hagen.de
Telefon: +49 2331 987-2226
Sprechzeiten: Mo. – Fr.: 09:00 – 15:00 Uhr